Nach dem Verschwinden eines Häftlings aus dem Krefelder Gefängnis sind an der Innen- und Außenmauer Spuren entdeckt worden. Sie könnten von dem Flüchtigen stammen, heißt es. Ansonsten scheint es noch immer so, als habe sich der Gefangene in Luft aufgelöst.
Düsseldorf - "Die zentrale Frage, wie er aus dem Hafttrakt kommen konnte, ist damit aber noch nicht geklärt", kommentierte ein Polizeisprecher in Krefeld die ersten Spuren an den Gefängnismauern. Auch müsse der Mann Hilfsmittel gehabt haben, um die fünfeinhalb Meter hohe Mauer zu überwinden.
Dem 38-jährige Rahim D. war am vergangenen Freitag unter ungeklärten Umständen die Flucht aus dem Krefelder Gefängnis gelungen. Ausbruchsspuren fanden die Ermittler zunächst nicht. Nach dem Flüchtigen wird nun mit internationalem Haftbefehl gefahndet. Der Mann ist zu einer siebenjährigen Haftstrafe wegen erpresserischen Menschenraubes und versuchter räuberischer Erpressung verurteilt worden.
Das Verschwinden des Häftlings beschäftigt nun auch die Landespolitik. Die SPD-Opposition im Düsseldorfer Landtag nannte das spurlose Verschwinden einen "unglaublichen Vorgang". Nach den Worten ihres Rechtsexperten Frank Sichau will die SPD-Landtagsfraktion nun eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragen, auf der Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter CDU zu den Umständen des Häftlingsausbruchs Stellung nehmen soll.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Sichau nannte es "unglaublich, dass von der Justiz bis jetzt noch immer über den Weg gerätselt wird, auf dem der Gefangene verschwunden ist". In diesem Zusammenhang erinnerte Sichau an den Foltermord an einem Häftling im Gefängnis von Siegburg vor knapp einem Jahr, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Zustand des Justizvollzugswesens bereits nachhaltig erschüttert habe. Mit Blick auf den Gefängnisausbruch von Krefeld bezeichnete es Sichau als "nicht zu fassen", dass die Öffentlichkeit "erst nach vier Tagen und erst auf Nachfragen" von dem Verschwinden des Bankräubers erfahren habe.
Das Düsseldorfer Justizministerium wies die Vorwürfe als "völlig haltlos und aus der Luft gegriffen" zurück. Vielmehr habe die Leiterin der Krefelder Vollzugsanstalt die örtlichen Medien bereits am Sonntag über den Ausbruch informiert. Auch sei Müller-Piepenkötter wenige Stunden, nachdem sich die Annahme eines Ausbruchs bestätigt habe, umfassend informiert worden.
Nach dem Mord an einem Häftling im Siegburger Jugendgefängnis im November 2006 war im nordrhein-westfälischen Landtag ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt worden. Er sollte klären, wie ein 20-Jähriger unbemerkt von dem Wachspersonal fast zwölf Stunden lang gequält und schließlich zum Selbstmord gezwungen werden konnte.
jjc/dpa/AFP/AP
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