2. Quartal 2006

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www.presseservice.nrw.de, der 04.05.2006

Rede von Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter am 04.05.2006 im Düsseldorfer Landtag zum Justiz-Haushalt 2006

- Es gilt das gesprochene Wort -

Die Justiz in unserem Lande ist gut aufgestellt. Die Rechtsgewährung erfolgt qualitativ hochwertig und zeitnah. Eine funktionierende Justiz dient nicht allein der Aufrechterhaltung von Rechtssicherheit sondern stellt auch einen bedeutenden Standortvorteil für Unternehmen dar. Im internationalen Vergleich schneidet die Justiz in Nordrhein-Westfalen hervorragend ab. Und das wird auch so bleiben.

Allerdings muss und wird die Justiz ihren Beitrag zur notwendigen Haushaltskonsolidierung leisten. Der Haushalt 2006 trägt diesem Spagat Rechnung.

Im Personalhaushalt sind bereits zum Ende des Jahres 2005 mit dem 2. Nachtragshaushalt die Bedingungen in der Verwaltungs- und Arbeitsgerichtsbarkeit sowie im Justizvollzug durch Verlängerung bzw. Streichung von kw-Vermerken entscheidend verbessert worden. Diese Maßnahmen wirken im Jahr 2006 fort. Ferner sieht der Haushalt 2006 die Schaffung von vier neuen Richterstellen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zur Stärkung insbesondere des Patentgerichtsstandortes Düsseldorf vor. Diese zusätzlichen Stellen können durch höhere Einnahmen aus Patentstreitigkeiten finanzneutral eingerichtet werden.

Des weiteren werden mit dem Haushalt 2006 - ebenfalls finanzneutral - die Bedingungen dafür geschaffen, bislang befristet tätige Kräfte in der Justiz dauerhaft zu beschäftigen. Rechtspflege, Strafverfolgung und der Justizvollzug werden von weiterem Stellenabbau über das bereits beschlossene und im Haushaltsplan 2005 festgelegte Maß verschont.

Ihren Beitrag zu Entbürokratisierung und Reduzierung der Personalkosten leistet die Justiz durch einen 1,5 %igen Stellenabbau in ihren Verwaltungsbereichen. Dieser geht Hand in Hand mit einem veränderten Prozess der Binnenmodernisierung. In der Justiz werden nur noch diejenigen Maßnahmen verfolgt, die zu einer deutlichen Effizienzsteigerung und einer Verbesserung der Qualität der Leistungen in der Justiz führen. Durch Konzentration der wertvollen Personalressourcen auf wenige Projekte lassen diese sich qualitativ ungeschmälert weiter entwickeln. Andere werden zeitlich gestreckt oder aufgegeben. Dies bedeutet nichts anderes als die Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz von allen verzichtbaren Verwaltungsaufgaben. In den Verwaltungsbereichen nicht mehr benötigtes Personal wird wieder in den Kernbereichen Rechtspflege, Strafverfolgung und Justizvollzug eingesetzt.

Dem Willen der Koalition der Erneuerung zur Verschlankung von Verwaltungsabläufen und zur Entbürokratisierung trägt auch die angestrebte Auflösung des Landesjustizvollzugsamtes in Wuppertal Rechnung. Dessen Aufgaben werden zum überwiegenden Teil auf die Justizvollzugsanstalten verlagert. Hierdurch wird zudem dem Postulat der Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung weiter Rechnung getragen. Die Position der Justizvollzugsanstalten wird gestärkt. Weitere Entbürokratisierungsschritte müssen in Zukunft folgen.

Die Justiz wird auch trotz des Kurses der Haushaltskonsolidierung ihrer sozialen Verantwortung weiterhin gerecht. Der Haushalt sieht erhebliche Mittel für die Förderung der Straffälligenhilfe, der gemeinnützigen Arbeit, der Behandlung von Sexualstraftätern, der Haftvermeidung und des Täter-Opfer-Ausgleichs vor. Auch wenn dieser Bereich nicht gänzlich von Kürzungen verschont werden konnte, sind die im Haushaltsentwurf vorgesehenen Mittel auch nach Auffassung der Zuwendungsempfänger, mit denen mein Haus intensive Gespräche geführt hat, ausreichend, um die mit der Förderung verfolgten Zwecke zu erreichen. Dies gelingt durch eine intelligentere Verteilungspraxis der zur Verfügung stehenden Mittel.

Am Beispiel der Förderung der Einrichtungen, die sich mit dem Täter-Opfer-Ausgleich beschäftigen, wird dies besonders deutlich.

Die Zuweisungen richten sich an den Fallzahlen des Jahres 2005 und einer pro Fall zu zahlenden Pauschale in Höhe von 250 € aus. Die Höhe der Pauschale orientiert sich an den wirtschaftlichsten Anbietern und schafft so den erwünschten Wettbewerb der Anbieter untereinander. Die scheinbare Quadratur des Kreises ist gelungen. Mit weniger Mitteln - beim Täter-Opfer-Ausgleich beträgt die Kürzungsquote 30 % - bleibt der Grad der Zielerreichung gleich.

Das Gleiche gilt auch für die externe Drogenberatung in den Justizvollzugsanstalten. Hier sieht der Justizhaushalt Mittel in Höhe von 100.000 € vor. Damit und durch Neuorganisation der internen Drogenberatung ist der weitgehende Wegfall der Förderung externer Drogenberatungsstellen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales kompensiert worden. Durch neue Strukturen ist die für die Resozialisierung der drogenabhängigen Gefangenen enorm wichtige Tätigkeit der Drogenberatung sichergestellt und dies mit relativ geringerem finanziellen Aufwand.

Der Haushaltsentwurf 2006 bietet zudem die Gewähr, wichtige rechtspolitische Anliegen der Landesregierung umzusetzen. Im Justizvollzug setzen wir einen wesentlichen justizpolitischen Schwerpunkt auf den Umgang mit jugendlichen Straftätern und solchen in noch jungem Erwachsenenalter.

Das Ziel des Jugendarrestes kann nur erreicht werden, wenn der Zeitraum zwischen Verurteilung und Arrestvollstreckung möglicht kurz ist. Die in den Jugendarrestanstalten bisher vorhandenen 189 Plätze reichen aber bereits seit längerem nicht mehr aus, um die Vollstreckung der Arreste in einer angemessenen Zeit durchzuführen, so dass die Zahl der unerledigten Vollstreckungsersuchen infolge der Versäumnisse der alten Landesregierung ständig anstieg.

Die gerade im Jugendarrest aus erzieherischen Gründen notwendige zügige Vollstreckung war nicht mehr sicherzustellen.

Vor diesem Hintergrund haben wir die Zahl der Arrestplätze erhöht. Wir haben in der Zweiganstalt Gerresheim der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf 60 zusätzliche Arrestplätze geschaffen. Durch den Ausbau der Jugendarrestanstalt Remscheid wurden zum 20.01.2006 weitere fünf zusätzliche Plätze gewonnen, so dass in NRW nunmehr 254 Arrestplätze in sechs Jugendarrestanstalten zur Verfügung stehen.

Für junge Erwachsene richten wir spezielle "Jungtäterabteilungen" in dafür besonders geeigneten Justizvollzugsanstalten ein. Die dort gezielt auf die Altersstruktur und den Reifegrad abgestimmte Behandlung der Gefangenen wird zum einen durch eine Diagnose-gestützte Ein- und Zuweisungspraxis und zum anderen durch eine am Behandlungsfortschritt orientierte Überführung in schulische und berufsausbildende Maßnahmen flankiert werden.

Ein wichtiges Element einer modernen und effizienten Justiz ist die Informationstechnik. Hier werden wir den erreichten hohen Standard weiter ausbauen. Das elektronische Grundbuch und das elektronische Handelsregister sind Meilensteine auf dem Weg zu einer dienstleistungsorientierten Justiz. Via Internet und mit wenigen Mausklicks gelangt der Nutzer zu jeder Zeit an wichtige Informationen, z.B. über die Eigentumslage an einem Grundstück oder die Eintragung einer Firma im Handelsregister. Noch in diesem Jahr wird auch die Eintragung ins Handelsregister auf elektronischem Weg möglich sein. Einen weiteren wichtigen Schritt stellt das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach dar. Hierdurch können Rechtsanwälte, Notare und Behörden auf elektronischem Wege mit den Gerichten kommunizieren. Um diesen Standard zu sichern und weiter zu entwickeln, werden die notwendigen Reinvestitionen in Hard- und Software gesichert.

Angesichts der drängenden finanzwirtschaftlichen Probleme unseres Landes und der anderen Länder setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die seit Jahren ansteigende Kostenentwicklung, insbesondere bei den Sachausgaben - ich nenne hier beispielhaft die Prozesskosten- und die Beratungshilfe - zu stoppen. Wir wollen dafür sorgen, dass die finanzpolitischen Erfordernisse der Länder bei der Schaffung neuer bundesgesetzlicher Vorschriften gewahrt und finanzielle Mehrbelastungen ohne Einbußen bei der Qualität der Rechtsgewährung vermieden werden. Die Belege für unsere aktive Mitarbeit im Bereich der Bundesgesetzgebung sind vielfältig. Ich kann Ihnen angesichts der Vielzahl der Fälle nur Beispiele nennen, wie etwa den Gesetzentwurf zur  Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe, der unter maßgeblicher Mitwirkung Nordrhein-Westfalens erarbeitet wurde und der noch in diesem Monat als Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht werden soll. Ferner stehen die Reform des Beratungshilfegesetzes und die Abschaffung der Gerichtskostenfreiheit der öffentlichen Hand sowie der zum Teil noch bestehenden Gerichtskostenfreiheit in Verfahren vor den Sozialgerichten auf der rechtspolitischen Agenda.

Die Justiz befindet sich in schwieriger Zeit auf richtigem Kurs. Der Haushaltsentwurf 2006 bietet die Gewähr dafür, dass ihre Funktionsfähigkeit auch unter harten Rahmenbedingungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erhalten und verbessert wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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