Von Claudia Lepping, 22.05.09, 20:58h, aktualisiert 22.05.09, 21:03h
Es sind etwa 300 Menschen, die sich letztlich animieren lassen und bis zum roten Teppich vor dem Schauspielhaus laufen, um den Auftakt des Staatsakts zu verfolgen. Die meisten sind im besten Republikalter, erfreuen sich an Fahnen schwenkenden Musikkorps oder Stelzenmännern und schauen etwas ratlos, als einige Jüngere erst zum instrumental dargebotenen „Eye Of The Tiger“ in Rocky-Manier munter werden.
Als die 1400 geladenen Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über die Stufen im Schauspielhaus verschwinden, bleiben gerade einmal 70 Zuschauer, um die Veranstaltung auf Großbildleinwand mitzuerleben. „Stell dir mal vor, der Platz bleibt so leer“, stöhnt ein Mann des Sicherheitsdienstes auf, „was gibt das nur für Bilder?“
Denn natürlich denken alle hier an Bilder, in Bildern. Die Politiker an jene, die sie während der feierlichen Zeremonie zeigen; die Organisatoren in jenen, mit denen sie der Welt zeigen möchten, wie die Deutschen den Geburtstag ihrer Demokratie begehen. „Warum sind so wenig Deutsche hier und feiern sich?“, fragt der Vater einer in Köln lebenden chinesischen Familie. Im Hintergrund fordert ein Moderator verzweifelt „Stimmung für die eintreffenden Verfassungsorgane“ ein. Stimmung?
Als Köhler mit der gesamten Staatsspitze auftaucht und sie zum Geburtstagsfoto Aufstellung nehmen, regen sich ein paar Hände zum Applaus - wahlweise als Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) eintrifft, Gesine Schwan (SPD), die morgen Köhler herausfordern wird, oder der schelmische PDS-Fraktionschef Gregor Gysi. Der gebremst gewachsene Sozialist hat die Größe, sich den Stelzenmännern zu stellen und erntet Zuspruch. Als eine Limousine vorfährt und einem alten Herrn herausgeholfen wird, der sich die vielen Stufen hinaufmüht, sind die Menschen gerührt, als er sich oben umdreht: Walter Scheel, Bundespräsident a.D.; im Juli wird er 90 Jahre alt.
Doch der Funke springt nicht über, da kann Präsident Köhler reden, wie er will - und er spricht durchaus voller Empathie: „Wir sind eine freie, geeinte Nation, und wir sind glücklich darüber.“ Auch wegen der Wirtschaftskrise müsse niemand den Mut sinken lassen. Die Ostdeutschen, die erst ein Drittel BRD-Geschichte auf dem Buckel haben, liegen ihm besonders am Herzen: „Die meisten in der DDR haben ihr Leben mit Anstand gemeistert. Sie haben in einer Diktatur den Rückzug ins private genutzt, um praktische Solidarität untereinander zu pflegen.“ Die gebotene Kritik am SED-Regime richte sich nie gegen die Menschen der DDR. Da klatschen auf dem Platz auch jene, die sich jenseits der Absperrung bislang in freundlicher Distanz übten.
rundschau-online.de / brd
60 Jahre Bundesrepublik - (k)ein Grund um feiern?
22.05.2009 | 23.38 Uhr | festus
Eigentlich wollte ic eine Kommentar schreiben, komme aber mit 1000 zeichen nicht hin, schade....
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